Wettbewerbsrechtliche Verfahren in der Physiotherapie - Düsseldorf und Umgebung

Die Praxis Richter Physiotherapie Grafental GmbH (vormals Richter´s Relaxman GmbH) setzt sich seit Herbst 2013 für einen fairen Wettbewerb in der Physiotherapie ein. 

Damit gewinnt man weder Freunde noch kann man damit Geld machen. Im Gegenteil, wenn sich der Abmahngegner wehrt, kommt es meist zu einem gerichtlichen Verfahren, das gewonnen oder verloren werden kann. Gerichtliche Verfahren können Rechtssicherheit bewirken und neue Rechtsgüter schaffen oder Fragen offen lassen. Das beste Beispiel ist das bekannte OLG Düsseldorf Urteil vom 8.9.2015, in dem die Delegation der Osteopathie verworfen wurde. Nur wer Arzt oder Heilpraktiker ist darf die Osteopathie (selbst) durchführen und nicht etwa durch Mitarbeiter - ohne die entsprechende Zulassung - durchführen lassen. 

Wenn das Verfahren dann noch in eine höhere Instanz geht, summieren sich die Kosten bei nicht geringen Streitwerten erheblich auf. Wir haben durch diese Verfahren mehr als €35.000.- investiert bzw. - kaufmännisch gesehen - am Ende als Verluste verbuchen müssen. Eine Abmahnung wird auch nicht mal eben leichtfertig ausgesprochen, sondern im Vorfeld rechtlich geprüft und bewertet, bevor sie dem Mitbewerber zugestellt wird.

Die meisten Mitbewerber sind einsichtig, unterschreiben eine Unterlassungserklärung und bezahlen die Kosten des aussergerichtlichen Verfahrens. Für den Auftraggeber ist das eine Nullnummer, denn er bekommt nur das an den Anwalt verauslagte Geld zurück. Anders sieht es aus, wenn der Mitbewerber sich anwaltliche Vertretung einholt und gerichtlich gegen die Abmahnung vorgeht. Das ist das Risiko, das man als Abmahnender eingeht. 

Warum überhaupt Abmahnungen? Sollte man seine Kollegen und Mitbewerber nicht besser in Ruhe lassen, als Sie mit Abmahnungen zu "schikanieren"? - Nein, denn ein fairer Wettbewerb ist das Fundament, auf dem sich ein selbstregulierender Markt einer sozial orientierten Marktwirtschaft erst aufbauen kann. Den meisten Kollegen und auch den Berufsverbänden ist es leider egal, was der Kollege / Mitbewerber um die Ecke so macht oder wie er wirbt. Wir sehen das anders und engagieren uns mit unserer Vorgehensweise für einen fairen Markt, der ja nicht vom Himmel fällt, sondern durch die Marktteilnehmer - mithin also Mitbewerber - gestaltet wird. Was haben wir erreicht und wo mussten wir zurückstecken? Beispiele aus den letzten 5 Jahren sind:

1. Eine Praxis in Düsseldorf-Pempelfort hat als Ein-Personen-Betrieb mit nur einer Rezeptionsfachkraft damit geworben, dass es sich um ein "Gesundheitszentrum" handeln würde. Unsere Rechtsauffassung ist, dass diese Art der Werbung irreführend ist. Ein Betrieb mit nur einem Therapeuten kann kein "Zentrum" sein. "Zentrum" suggeriert ein multimodales Team und eine bestimmte Grösse, was hier aber beides nicht vorhanden war. Die Praxisinhaberin hat zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, aber es wurde dann über die Kosten der Abmahnung gestritten. Dieses Verfahren endete in einem Vergleich und war letztlich kostenneutral für uns. Das "Gesundheitszentrum" musste von der Werbung gelöscht werden.

2. Eine andere Praxis in der Nordstr. / Düsseldorf hatte damit geworben, dass eine Mitarbeiterin eine "angehende Osteopathin" und "angehende Heilpraktikerin" sei. Dies hat das Landgericht als irreführende Werbung verworfen. Die Streitgegnerin musste die Kosten für diese Punkte des Verfahrens tragen. Es gibt nur "Heilpraktiker" und keine "angehenden Heilpraktiker". Osteopathisch dürfen nur Ärzte oder Heilpraktiker tätig sein (siehe auch unter 8.)

3. Diesselbe Praxis hatte auch damit geworben, dass einige Mitarbeiter ein Staatsexamen hätten und dies auf der Teamseite mit Grossbuchstaben hervorgehoben. Unsere Rechtsauffassung ist, dass dies irreführend ist, weil es kein Staatsexamen in der Physiotherapie gibt und - wenn es doch eins geben sollte - dann wäre die Werbung damit eine Selbstverständlichkeit. Die Sache wurde durch die Instanzen vom Landgericht bis zum Oberlandesgericht in mehreren Verfahren über 2 Jahre hin ausgetragen. Das OLG Düsseldorf ist leider der Auffassung, dass die Bezeichnung Staatsexamen erlaubt sei, genauso wie jedermann ja auch "Physiotherapie" anbieten könne, ohne Physiotherapeut zu sein. Nur der Begriff "Physiotherapeut" hat einen Namensschutz. Die Werbung mit "Staatsexamen" sei auch keine Werbung mit einer Selbstverständlichkeit. Wir haben daraufhin die Berufung zurückgezogen, allein um Kosten zu sparen. An unserer Rechtsauffassung hat sich nichts geändert. Die besagte Praxis will sich damit besonders positionieren. Recht haben wir  - trotz einer sehr umfangreichen Argumentation - jedoch nicht bekommen. Die Kosten der Verfahren beliefen sich auf über €9.500.- Die besagte Praxis wirbt weiterhin mit "Staatsexamen".

4. Ein anderer "Kollege in 2. Generation" - ebenfalls aus der Nordstr. / Düsseldorf - hatte damit geworben, dass er ganz besonders nämlich "ganzheitlich" behandeln würde. So bot er in seiner Praxis neben den üblichen physiotherapeutischen Leistungen auch Fussreflexzonenmassage, jedoch keine psychologischen Behandlungen an. Unsere Rechtsauffassung war, dass der Begriff "ganzheitlich" die körperliche und seelische Behandlung umfasse, die Werbung mit "ganzheitlich" somit irreführend ist. Der besagte Kollege hatte nämlich keinerlei psychologische Qualifikationen, die ihn zur Ausübung von z.B. Psychotherapie berechtigt hätten. Vielmehr wolle sich auch dieser Mitbewerber besonders positionieren, um an mehr Kunden / Patienten zu bekommen.
Auch hier haben wir in mehreren Verfahren durch alle möglichen Instanzen über einen Zeitraum von 2 Jahren die Angelegenheit weitergeführt, am Ende zwar nicht verloren, aber auch hier aus Kostengründen die Berufung beim OLG schliesslich zurückgenommen, was einer Niederlage in der Sache jedoch gleichkommt. Unsere Rechtsauffassung wurde leider nicht bestätigt. Das OLG Düsseldorf war der Ansicht, dass "ganzheitlich" im Sinne von "alternativ-medizinisch" zu verstehen sei und das würde auch der "durchschnittliche Verbraucher" (ein abstrakter Begriff) verstehen. Eine Irreführung läge demnach nicht vor. Die Verfahrenskosten beliefen sich summa summarum auf über €20.000.- die alleinig durch uns zu tragen waren, auch weil ein Bumerang in Form einer negativen Feststellungsklage mit einem Streitwert von €45.000.- kam, zu der wir uns verteidigen mussten. Shit happens...
Die besagte Praxis hat Ihre Internetseite während des Verfahrens im Übrigen überarbeitet und die streitgegenständliche Passage entfernt - immerhin.

5. Aufgrund des OLG-Urteils vom 8.5.2019 sind wir gegen einige Mitbewerber vorgegangen, die meinten, sie dürften mit "Osteopathie" oder "Craniosacrale Therapie" werben und diese durchführen, obwohl sie keine Zulassung als Heilpraktiker oder Arzt haben. 95 Prozent dieser Verfahren konnten aussergerichtlich beilegt werden. Das OLG-Urteil hat also Signalwirkung gezeigt und zu einer Markt-Korrektur geführt, denn "Osteopathie" und "Craniosacrale Therapie" sind "in" sind "on" sind "hipp" und garantieren mehr Patienten, so man/frau mit ihr werben.

6. Mittlerweile gibt es viele asiatische Massage-Salons in der Innenstadt von Düsseldorf, die mit teilweise hanebüchenen Heilversprechen und zweilichtigen Leistungen werben. In einem Fall nähe Oststr. sind wir nun dagegen vorgegangen und konnten die Angelegenheit aussergerichtlich mit abgegebener strafbewehrter Unterlassungserklärung klären. Die Heilversprechen auf der Internetseite wurden schliesslich entfernt. Akte geschlossen.

7. In einem Verfahren von 2020 wurde ich von einem mehr oder weniger grossen (über 3000 Mitglieder - also eigentlich eher weniger grossen) süddeutschen bundesweit bekannten Osteopathie-Verband mit starker Lobbyarbeit für die Osteopathie abgemahnt, weil ich auf meiner Praxisseite geschrieben hatte, dass wir "esoterische Methoden wie Osteopathie und Craniosacrale Therapie" nicht anböten. Da war für den Lobby-Verband eine rote Linie überschritten und die vereinseigene Anwältin (die im Übrigen auf Ihrer Internetseite kostenlose Erstgespräche für Ihre Mandanten anbietet?!) ist mit einer Abmahnung eingeschritten. Wir haben uns gegen die Abmahnung mit einer Klage gewehrt; es wurde auch Widerklage erhoben. Leider verloren. Das Landgericht Düsseldorf sah in meiner Beschreibung eine Herabsetzung der Osteopathie, die, so die Gegenseite, ja wohl eine mittlerweile anerkannte medizinische Methode sei. Die Kosten des Verfahrens bei einem Streitwert von €30.000.- betrugen insgesamt €8.000.- wovon €5.000.- unsere Rechtsschutzversicherung bei ARAG bezahlte, der Rest wurde durch uns beglichen.
Wir sind mittlerweile dazu übergegangen, über die Osteopathie zu berichten - also ohne eigene Wertung oder Kommentare hierzu abzugeben. Sachliche Informationen - so sie auf Tatsachen beruhen - dürfen nämlich abgegeben werden, auch auf einer werbenden Homepage. So werben z.B. viele Anwälte mit Verfahren, die sie durchgeführt haben oder gerne für potentielle Mandanten durchführen wollen. 

8. In einem Verfahren von 2020/21 hat eine ca. 2 Km von unserem Praxissitz entfernte Praxis in der Grafenberger Allee / Düsseldorf damit geworben, dass eine Ihrer Mitarbeiterinnen und Praxis-Mitinhaberin eine "Ausbildung zur Osteopathin" mache, dies im Kontext mit anderen beruflichen Qualifikationen. Das Landgericht hat dies im Eilverfahren als irreführend und damit wettbewerbswidrig anerkannt. Im übrigen gibt es gar keine "Ausbildung" zur Osteopathin, weil die Tätigkeit des Osteopathen weder eine anerkannter Beruf ist, noch eine Ausbildung dahin führen würde. Die Verfahrensgegner haben schliesslich auf eine Berufung verzichtet.
Man erlebt viel in solchen Verfahren, nämlich was die Gegenseite alles für Spinnereien zur Verteidigung hervorbringt. So hat der Anwalt der Gegenseite dem Gericht geschrieben ich würde ja seit Längerem schon einen wahren Kreuzzug gegen die Osteopathie führen (mit Blick auf meinen Blog). Der gegnerische Anwalt ist gebürtiger Spanier und wahrscheinlich mehr oder weniger streng katholisch erzogen worden - daher dann wohl die Metapher vom Kreuzzug. Demnach wäre ich ein Kreuzritter. Aber haben Sie schon mal einen Kreuzzug mit nur einem Ritter gesehen? Erinnert irgendwie an Monty Pythons "Ritter der Kokosnuss". Also lieber Anwalt: wenn schon eine Metapher, dann doch eher die des Don Quichote, der gegen Windmühlen kämpft (aber im Gegensatz zum Don haben wir auch einige Windmühlen tatsächlich besiegt).

9. In einem aktuellen Verfahren, in dem es um die Bewerbung von "Craniosacraler Therapie" ohne Heilpraktiker-Zulassung geht, wird die Gegenseite von einem Anwalt A. aus AA. vertreten, der auch die im Berufungsverfahren unterlegende Berufungsklägerin in dem OLG-Verfahren aus 2015 zur Osteopathie vertreten hat, dass schliesslich zum bundesweit bekannten OLG-Urteil zur Osteopathie geführt hat. Dieser hat doch glatt in dem aktuellen Verfahren behauptet, dass die "Craniosacrale Therapie" gar nichts mit Osteopathie zu tun hätte, davon vollkommen losgelöst zu betrachten, von dem auch keine mittelbare Gefahr ausginge und deshalb eine Heilpraktiker-Zulassung obsolet sei. Dem folgte das Land-Gericht allerdings nicht und verurteilte den Antragsgegner. Der hat auch nach Abgabe einer Unterlassungserklärung weiter mit "Osteopathie" geworben gehabt und musste erneut abgemahnt werden. Auch unterlag er im anschliessenden Verfahren beim Landgericht Düsseldorf.

10. Eine in Hofgarten-Nähe angebliche "Gesundheitspraktikerin" bot ohne HP-Zulassung und ohne Ärztin zu sein Craniosacrale Therapie an. Das Urteil in dem von uns eingerichten Eilverfahren soll am 22.11.2022 gesprochen werden. Hier hat das Gericht in einer zweiten mündlichen Verhandlung detailliert dargelegt, warum die Werbung mit einer zulassungspflichtigen Methode zu unterlassen ist.

Fazit: Abmahnungen sind kein Kinderspiel und werden nicht mal eben so aus dem "Handgelenk" geschüttelt, sondern können zu einer starken finanziellen Belastung werden, wenn man gerichtlich vorgehen muss, um seine Rechtsauffassung durchzusetzen. Dies haben wir mehrfach getan. Erst abmahnen und dann einen Rückzieher zu machen ist nicht unsere Art. Wer A sagt, muss auch bereit sein B zu sagen. Wie in jedem Verfahren kann es dann "positiv" oder "negativ" ausgehen. Justitia trägt nicht umsonst die Augenbinde. Jedes Verfahren ist ein Wagnis - und zwar für beide Seiten! Absolute Sicherheit gibt es nicht, selbst wenn man meint, die Argumente seien "wasserdicht". Verfahren haben Ihre ganz eigene Dynamik und die richterliche Freiheit ist unberechenbar.

Ich möchte trotzdem mit diesem Blogbeitrag KollegInnen ermutigen, sich auch gegen unfair und unrechtmässig handelnde Mitbewerber zur Wehr zu setzen. Nur so kann die Spreu vom Weizen getrennt werden und ein wirklich fairer Wettbewerb entstehen. Leider schauen die meisten Kollegen hier weg und scheuen das Risiko. Oft sind es deshalb Wettbewerbsvereine (mit eigenen Anwälten), die hier tätig werden. Die meisten Verfahren wären wahrscheinlich sogar unnötig, wenn es eine Therapeutenkammer als Aufsichtsorgan gäbe.

Die Praxis Richter Physiotherapie Grafental GmbH (vormals Richter´s Relaxman GmbH) wird in allen Verfahren seit 2017 durch die Kanzlei RA Erlenhardt / Düsseldorf vertreten.

Weitere Infos hier.




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