Die Tricks der Osteopathen, Teil 3 - das standardmässige Vorgehen in einer Behandlung

Die Osteopathie wird in Deutschland vornehmlich von drei Berufsgruppen angeboten und durchgeführt: 

- Ärzten (meist Orthopäden mit der Zusatzbezeichnung "Osteopathie" aber auch HNO und andere Fachärzte bieten mittlerweile Osteopathie an), 
- Heilpraktiker und 
- Physiotherapeuten.

Ärzte haben ein langes Studium hinter sich und können Ihre Zusatzbezeichnungen wie Akupunktur, Homöopathie oder auch Osteopathie mit relativ wenig Aufwand und zusätzlich erlerntem Wissen erlangen.

Heilpraktiker (ohne medizinischen Vor-Beruf) verfügen über keine klinische Erfahrung und können sich mehr oder weniger ganz nach eigenen Gusto fortbilden, um Osteopathie anzubieten. Es gibt diesbezüglich keine Normen für Heilpraktiker. Diese können sich nach einer einzigen Wochenendfortbildung "Osteopath" auf das Praxisschild kleben.

Physiotherapeuten erlernen die Osteopathie meist in einer aufwändigen, mehrjährigen Fortbildung bei privaten Anbietern mit standardmässig 1.350 Stunden (und entsprechenden fünfstelligen Kosten), dürfen die Osteopathie aber nur anbieten und durchführen, wenn Sie eine Zulassung als Heilpraktiker haben. Ausnahme war das Bundesland Hessen, wo es eine Sonderregelung gab, die aber mittlerweile abgelaufen ist und nicht erneuert wurde. 

Wie sehen typische Behandlungsabläufe aus? 3 stereotypisierte Beispiele sollen das verdeutlichen:

1: Patient geht zum Orthopäden, der auch Osteopathie anbietet. Der Orthopäde untersucht den Patienten mit den erlernten fachärztlichen Methoden, macht vielleicht etwas Stromtherapie oder setzt eine Spritze und streichelt dann noch 5 Minuten das Kreuzbein des Patienten. Dieser war extra zu diesem Arzt gegangen, weil der auch Osteopathie anbietet und speichert die ganze Behandlung jetzt womöglich unter "Osteopathie" und "hat super geholfen" ab und kommuniziert das später vielleicht auch so weiter. 

2: Patientin geht zur HNO, weil sie Ohrgeräusche / Tinnitus hat. Die untersucht Sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden medizinischen Methoden und lässt die Patientin sich dann auf eine Therapieliege hinlegen, streichelt vielleicht ca.5min. Ihren Kopf, zieht an den Ohren, drückt sanft auf das Kiefergelenk, verlässt dann das Zimmer, um einen anderen Patienten zu behandeln, kommt nach 15min. wieder, streichelt nochmal 5min. Ihren Kopf, kassiert dann €100.- oder mehr in bar (weil ärztliche Sonderleistung) und entlässt die Patientin dann. Nach drei solchen Behandlungen innerhalb von 14 Tagen ist die Patientin beschwerdefrei und glaubt womöglich jetzt, dass die osteopathische Behandlung bei Ihr angeschlagen hat. Vielleicht kommuniziert auch Sie das so weiter z.B. an Familie, Freunde und Bekannte.

3: Patientin geht zum Physiotherapeuten, der auch Osteopathie anbietet. Die Patientin wird dann erstmal physiotherapeutisch untersucht und befundet. Der Physiotherapeut behandelt dann ggf. mit einem Mix aus Bewegungstherapie (Krankengymnastik) und / oder Manuelle Therapie, Massage und / oder osteopathischen Techniken. 
Die Patientin hat ausdrücklich diesen Physiotherapeuten aufgesucht, weil der ja auch Osteopathie anbietet und hat sich wesentlich mehr davon versprochen, also nur mit Physiotherapie behandelt zu werden. Nur hat der Physiotherapeut ca. 80% Physiotherapie gemacht und nur 20% klassische Osteopathie. Die Patientin - als medizinischer Laie -  kann das gar nicht auseinanderhalten und meint womöglich jetzt insgesamt mit Osteopathie behandelt worden zu sein. 
Das ist wie mit dem Säften in den Regalen der Supermärkte: wenn man einen als "Acerola-Saft" etikettierten Saft kauft und auf die Packungsbeilage schaut, dann stellt man fest, dass dort nur 5% Acerola drin ist, der Rest ist ein Mix aus Apfel- oder Traubensaft. Klare Täuschung, aber lebensmittelrechtlich erlaubt. - Zusätzlich gibt der Physiotherapeut vielleicht noch Enährungs- und Verhaltenstipps und die Sache wird dann noch unübersichtlicher, in Bezug auf das, was denn jetzt geholfen hat. Im Zweifel hat der Behandlungsmix geholfen, also die Summe aller Anwendungen, denn in der Realität gibt es keine "reinen" Behandlungen mit nur einer Methode. Dafür müsste jeder Therapeut sein Wissen extrahieren und separieren und auch nur das dann anwenden. Vielleicht ist dann noch bei den Heilpraktikern - ohne medizinischen Vorberuf - gegeben. Aber gerade darin liegt die Krux, weil es eben immer Mixbehandlungen sind, kann man auch nicht wissen, was davon nun letztlich geholfen hat. 
Genau, um so etwas herauszufinden gibt es die Wissenschaft, zum Beispiel in Form von im Besten Fall durchgeführten doppelblinden, randomisierten, klinischen Studien zu einer vorher festgelegten Frage und Studiendesign. Die bisherigen hochwertigen Studien zur Osteopathie kommen nicht über eine festgestellte Placebo-Wirkung hinaus. Das sollte jeder Verbraucher wissen, bevor er/sie/es zu einem Osteopathen geht

geändert und komplett überarbeitet am 22.11.2022


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