Wie sehr täuscht die Osteopathie den Verbraucher? - was Sie verspricht und nicht hält.

Bei der Osteopathie muss bzw. sollte man ganz genau hinschauen, was sie ist, was sie nicht ist, was sie verspricht und nicht hält und wie die Osteopathie einzuordnen ist im Gesundheitsmarkt.

Als Erstes gilt es jedoch festzustellen, dass es die Osteopathie nicht gibt. Sie ist gegenüber anderen Therapien nicht ausreichend abgrenzbar. Das hat immerhin ein Bundesgericht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2019) festgestellt, wo jemand den Titel "Heilpraktiker für Osteopathie" einklagen wollte und damit gescheitert ist. In der Medizin gibt es dagegen viele klar definierte Gebiete und Methoden / Therapien, die sich auch deutlich von anderen Methoden / Therapien unterscheiden. Es gibt jedoch nur eine Medizin, die evidenzbasierte Medizin oder "Schulmedizin" (veraltet).

In der Osteopathie dagegen gibt es 27 Berufsverbände und viele haben sich "Ihre" Osteopathie als Marke beim Deutschen Patentamt in München eintragen lassen, siehe hier und hier (im Suchfeld "Marke" das Wort "Osteopathie" eingeben). Allein diese Vielfalt der Wortmarken weist schon auf ein sehr unklares Bild innerhalb der "Osteopathie" hin. Viele Verbände und viele Kursanbieter sind also auf Abgrenzung aus, weil sich nur so dauerhaft Geld damit zum Lebensunterhalt verdienen lässt. Wäre die Osteopathie Teil eines staatlichen Curriculums z.B. im Rahmen eines ordentlichen Medizinstudium mit Abschluss als osteopathischer Arzt/Ärztin, wäre der private Markt dafür eher hinfällig.

Warum muss man bzw. sollte man bei der Osteopathie ganz genau hinschauen? Weil die sogenannten "Osteopathen" uns - den durchschnittlich informierten Verbrauchern - weismachen wollen, die "Osteopathie" wäre eine ganz besondere Methode, mit der die Lücken und auch Schwächen der evidenz-basierten Medizin ausgeglichen werden können, ähnlich wie im Fall der Homöopathie / Anthroposophie. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Man muss / sollte auch genau hinschauen, weil die Osteopathie bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung hat und z.B. Hochleistungssportler verrückt nach ihr zu sein scheinen. So werden die unbedarften Sportler zu Werbeträgern für eine Methode, die eben immer noch sehr zweifelhaft ist und in allen medizinischen Bereichen, in denen sie angewendet wird, solide Beweise schuldigt bleibt. Darüber können weder die bereits unzähligen auf dem Markt befindlichen Fachbücher hinwegtäuschen, noch die vielen (schlechten und schwachen) Studien zur Osteopathie, insbesondere die, die von Osteopathen oder deren Anhänger / Vertreter selbst durchgeführt wurden oder die von diesen finanziert und in Auftrag gegeben wurden.

Desweiteren unterstützen die gesetzlichen Krankenkassen die Osteopathie, indem sie die Kosten hierfür (in einem kleinen, bescheidenen Rahmen) für ihre Versicherten übernehmen. Diese Tatsache allein wird von unzähligen Osteopathen als "Beweis für die Richtigkeit und Wirksamkeit" Ihrer Methode hingestellt. Auf deren Internetseiten finden sich die entsprechenden Hinweise zuhauf. Das zeigt aber auch, auf welch´ wackeligen Beinen diese "Therapie" steht, denn die Osteopathie ist eine freiwillige Zusatzleistung der Krankenkassen und keine ordentliche Leistung (<< siehe dort unter Punkt 3.), die im Katalog des Gesundheitsausschusses (G-BA) gelistet ist. Als freiwillige Zusatzleistung können Krankenkassen alles mitfinanzieren, was ihnen als attraktiv erscheint, um neue Versicherte zu gewinnen. Hier wird den ansonsten in rechtliche Regelungen fest eingebundenen Krankenkassen ein wirtschaftlicher Spielraum gegeben, der den Wettbewerb untereinander fördern soll. Die Wirksamkeit einer Methode interessiert hier allerdings herzlich wenig. Diese Zusatzleistungen unterliegen deshalb auch keinem Prüfverfahren wie z.B. die Leistungen des gesetzlichen Heilmittelkatalogs. Damit ist die Pro-Argumentation der Osteopathen hinfällig und kein Beweis - 
null.

Dann muss / sollte man ganz genau bei den vielen "wissenschaftlichen" Veröffentlichungen in  osteopathischen Magazinen / Journalen hinschauen.
Hier ist ein gewisser John Licciardone (ein US-Osteopath) sehr produktiv. Seine Ergebnisse sind jedoch oft sehr zweifelhaft bzw. von schlechter Qualität, siehe hier. Dort wird man viele Studien mit positiven Ergebnissen finden. Wenn man selbst als Wissenschaftslaie hier nur ein ganz grobes Raster anlegt z.B. mit Fragen wie "Gab es eine Kontrollgruppe?", "Wurden die Studienteilnehmer randomisiert?", "War die Anzahl der Teilnehmer gross / klein?", "Wurde die Studie von anderen Wissenschaftler wiederholt (und bestätigt bzw. widerlegt)?", "Gibt vielleicht es einen Interessenkonflikt?", fallen die allermeisten Studien durch dieses einfache, aber effiziente Raster durch. 

Osteopathen - wie z.B. die sogenannten "Homöopathen" auch - sind Meister des Nicht-wahrhaben-wollens und Nicht-akzeptieren-wollens von bereits existierenden, wissenschaftlichen, fundierten Tatsachen. Sie befinden sich mit Ihren ganz eigenen "Wahrheiten" in einem geschlossenen System, dass immun gegen neue und vor allem kritische Erkenntnisse ist bzw. sich - auf der anderen Seite - selektiv nur die Erkenntnisse einverleibt, die die osteopathischen Thesen stützen und nützlich sind. Den "ehrlichen", wahrheitsgetreuen Osteopathen, der sich an anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen misst, gibt es also nicht.

Diese o.g. Aussagen gelten auch für alle Osteopathie-Derivate wie: "Fascial-Balancing", "Craniosacrale Therapie (CST)", "Typaldos-Therapie", "Faszien-Therapie", "Craniosacrale Osteopathie (CSO)",  u.ä.

Wer die Osteopathie (legal) ausübt, hat dafür i.d.R. viel Geld in die Hand nehmen müssen, denn diese "Ausbildungen" sind zeitintensiv und umfangreich. Doch der Umfang von Unterrichtsstunden und Kosten besagt nichts über die Wirksamkeit einer Methode. Hier darf auch nicht vergessen werden, dass die Osteopathie-Inhalte privates Wissen (<< siehe Punkt 2.2. des Informationsblattes des Deutschen Bundestags) sind, wofür eben erst bezahlt werden muss, um es zu erlangen (im Gegensatz zum öffentlichen Wissen, das meist kostenlos z.B. an Universitäten oder staatlichen Berufsfachschulen gelehrt wird). Osteopathen haben also ein Interesse daran, sich Ihren finanziellen Einsatz mit Ihrer Tätigkeit wieder zurückzuholen.

Gretchenfrage: "Kann auf die Osteopathie verzichtet werden?"

Die Antwort gab die in diesem Blog bereits mehrfach zitierte Igel-Monitor-Studie von 2018, mit dem Ergebnis, dass die Osteopathie bei Rückenschmerzen leider keinen Mehrwert zu den üblichen Methoden wie z.B. klassische Physiotherapie ergibt.
Die Antwort lautet also: ja, man kann (getrost) auf osteopathische Interventionen verzichten, denn sie ergeben keinen Mehrwert zu den üblichen Verfahren. Was für die weit verbreiteten Rückenschmerzen gilt, gilt erst recht für andere Beschwerden, denen die Osteopathie auch nicht abhelfen kann.









Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zusammenfassung: Kritik an der sogenannten Osteopathie und Craniosacral-Therapie (dt. "Kraniosakral-Therapie")

Witz oder Wahrheit? - Die Osteopathie bei Kiefergelenksbeschwerden (CMD)

Die Methoden der Pseudowissenschaften