Ist die Osteopathie die bessere Physiotherapie? Teil 1

Viele Verbraucher / Patienten suchen neben einem Physiotherapeuten auch eine sogenannte "Osteopath:in" auf, oder gehen sogar mit Ihren Beschwerden nur zu einer "Osteopath:in"

Ist die Osteopathie etwa die bessere Physiotherapie oder gar eine Alternative zur Physiotherapie?

Es gilt erstmal festzustellen, dass es die "Osteopathie" nicht gibt und sie ein Sammelsurium ist, ein Misch-Masch von unzähligen Techniken (und einer obskuren, esoterischen Philosophie dahinter) die selten original sind, sondern aus anderen medizinischen Bereichen wie Physiotherapie, Chiropraktik, Orthopädie entlehnt / extrahiert wurden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat kürzlich in 2019 festgestellt, dass die Osteopathie von anderen medizinischen Behandlungsformen nicht ausreichend abgrenzbar ist. Mit anderen Worten: es handelt sich nicht um eine eigenständische medizinische Behandlungsform. Das Gericht schreibt: "Die Osteopathie sei in Deutschland nicht gesetzlich geregelt und habe kein eigenständiges Berufsbild. Damit sei auch ihr Tätigkeitsumfang nicht hinreichend definiert und abgrenzbar.... Aufgrund ihres breit gefächerten Einsatzes sei eine klare Abgrenzung wie bei der Physiotherapie oder Podologie wirklichkeitsfern" und weiter, dass "... die Osteopathie......nicht hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar sei.....Es existiere noch nicht einmal eine einheitliche Definition der Osteopathie, die allgemein anerkannt und verbindlich wäre". Das Urteil können Sie hier nachlesen. 

Die Osteopathie gibt es also nicht. Dafür gibt in Deutschland 27 Berufsverbände, die jeweils "Ihre" Osteopathie vertreten und nicht selten markenrechtlich haben schützen lassen, siehe meinen Blogbeitrag dazu hier.

Bringt die Osteopathie nun einen Mehr-Nutzen gegenüber herkömmlichen Verfahren / Methoden wie z.B. klassischer Physiotherapie? Für eines der häufigsten Gründe für ärztliche Krankschreibungen (wegen akuter und/oder chronischer Rückenschmerzen), wurde diese Frage vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS), Essen, in einer sehr umfangreichen und ausführlichen Studie im Jahr 2018 untersucht. Das Ergebnis lautet: 

"Gesamt-Fazit: Da in allen Konstellationen (chronischer, akuter, subakuter Kreuzschmerz; alleinige / ergänzende Anwendung der Osteopathie) die Nutzen-Schaden-Bilanzierung zur selben Aussage führt, ist ein gemeinsames Fazit möglich: Insgesamt bewerten wir die IGeL „Osteopathie zur Therapie bei unspezifischen Rückenschmerzen“ als „unklar“."

Was kann aus diesem Ergebnis gefolgert werden? Man kann auf die Osteopathie verzichten. Sie bringt keinen Mehrwert / Mehrnutzen. Die Osteopathie ist weder die bessere Physiotherapie noch eine Alternative zu anderen medizinischen Methoden. Sparen Sie Ihr Geld und suchen Sie als Verbraucher / Patient nach Alternativen bei den evidenzbasierten Behandlungsmethoden, siehe auch das Kurz-Statement zur Studie des MDS hier.

Bei Kleinkindern und Babies kann die Osteopathie gefährlich werden, wenn Eltern Krankheiten und Pathologien eingeredet werden, die es gar nicht gibt, siehe das erfundene und in den Köpfen vieler Verbraucher verbreitete "Kiss-Syndrom". Medizinisch gibt es das nicht, nur in der Welt der Chiropraktiker und Osteopathen existiert es.Welchen Unsinn Osteopathen in die Welt setzen, können Sie in einem aktuellen Artikel von Frau Dr. Natalie Grams in Spektum der Wissenschaft nachlesen, hier. Bereits vor 16 Jahren hat die Gesellschaft für Neuropädiatrie vor der Osteopathie insbesondere vor der "Craniosacral-Therapie" gewarnt und diese als eine Art Massage eingestuft, ohne jegliche medizinische Wirksamkeit, siehe meinen Blogbeitrag dazu hier.

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Aktueller Artikel vom 9.3.2021 im WDR Wissenschafts-Magazin von Quarks, hier.


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